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        Die Kinder des Drachens

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        „Vietnam ‒ Land der Drachen“ war das Motto des asiatischen Kulturfestes am Samstagabend auf der Freundschaftsinsel. Rund tausend Gäste kamen, unter ihnen etwa siebenhundert Vietnamesen, die vor allem in Potsdam, Berlin und Brandenburg leben.

        Innenstadt. Zwischen den Blumenbeeten drehten während des ganzen Nachmittags zwei Drachen aus Seidenstoff ihre Runden, beide etwa zweieinhalb Meter lang und von wurmähnlicher Statur ‒ der eine gelb, der andere weiß.
        Manchmal hüpften sie beim Laufen mit den Vorder- oder Hinterbeinen, dann fuhr eine lange Welle durch ihre langen Leiber. Unter den sehr fröhlich wirkenden Ungeheuern lugten Menschenbeine hervor, die in Turnschuhen steckten. Wenn sie an Gästen auf einer Bank vorbeikamen, wandten sie sich ihnen zu und rissen ihre riesigen Mäuler auf. Dann konnte man in der Tiefe des Schlundes das schelmische Gesicht eines vietnamesischen Jungen oder Mädchens erkennen.
        Im Blattwerk der sehr europäischen Inselbäume leuchteten sehr asiatische Lampions in bunten Farben. Sie wurden von der vietnamesischen Botschaft als Leihgabe fürs Fest bereitgestellt. Knallrote Sonnenschirme aus Papier an Laternen und bunte Kerzen am Saum der Wege machten die Freundschaftsinsel an diesem Abend fast schon zum asiatischen Lustgarten.Zum sechsten Mal fand am Sonnabend mit Musik, Tanz, Kampfkunst, Mode, Märchen und kulinarischen Genüssen ein asiatisches Kulturfest „Feuer und Wasser“ auf der Freundschaftsinsel statt. Der Verein Freunde der Freundschaftsinsel hatte sich diesmal vietnamesische Partner gesucht und in der „Tang-Long Arbeitsgemeinschaft vietnamesischer Unternehmen“ sowie im „Verein vietnamesischer Unternehmen in Deutschland“ gefunden.Zur Bildergalerie
        Nach der Fest-Eröffnung zog eine Prozession von hundert Akteuren von der Hauptbühne auf der mittleren Wiese zum Pavillon. Zum Festumzug „Kinder des Drachens und der Fee“ präsentierten sich die vietnamesischen Gäste in historischen Gewändern aus verschiedenen Regionen ihres Landes, jeder mit einer Kerze in der Hand. Doch wenige Meter vor dem Pavillon stockte der feierlich dahinschreitende Zug ganz unvermittelt. Grund war eine Frauen-Plastik am Wegesrand, die wegen ihrer Nacktheit aus Sicht der vietnamesischen Gäste nicht recht zum Fest passen wollte. Erst nachdem die bronzene Blöße der „Kämmenden“ des Bildhauers Gerhard Rommel mit einem eilig herbeigeschafften Seidentuch verhüllt war, konnte es weitergehen.

        Am Pavillon überreichten Vertreter vietnamesischer Vereine als Geschenk an die Stadt eine Seidenstickerei, die in transparenter Zartheit eine Lotusblume zeigt, ein Nationalsymbol Vietnams. Bei Musik und Trommelschlägen folgte die Eröffnung der Ausstellung vietnamesischer Zen-Gedichte. Sie vereint Werke der bedeutendsten buddhistischen Lyriker in der Zeit vom zehnten bis zum 14. Jahrhundert. Ins Deutsche übertragen hat sie der Bremer Sinologe Frank Gerke. „Die Originale sind in Chinesisch verfasst. Ich habe versucht, den ganz eigenen Wort-Klang in die deutsche Sprache zu übertragen und erlebbar zu machen“, sagte er.
        Mit einem abendlichen Unterhaltungsprogramm auf der Hauptbühne stellten sich abwechselnd Künstlergruppen aus beiden Ländern vor. Unter anderem sangen die vietnamesischen Gäste Liebeslieder, spielten Musikstücke für Trommel und Bambusflöte, führten Tänze mit Fächern und Bambusstangen in historischen Kostümen auf. Die meist Jahrhunderte alten Lieder verzauberten das Publikum mit den exotisch anmutenden Klängen des fernen Landes.

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