Deutschland ist ein Einwanderungsland, in dem fast 20 Prozent aller Einwohner einen Migrationshintergrund haben (Stand 2009).1 19 Prozent der insgesamt
730.000 Menschen mit fernöstlichem Migrationshintergrund stammen aus Vietnam.2 Tendenziell steigt die Anzahl der Vietnamesen, die nach Deutschland zugewandert sind, an. So lag im Jahr 2005 die Anzahl der Vietnamesen in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) bei etwa 125.000, wovon 83.000 vietnamesische Staatsbürger und 42.000 seit 1981 Eingebürgerte waren. Zu diesen Anzahlen gehörten weder die illegal in Deutschland lebenden Vietnamesen noch die Kinder der eingebürgerten Vietnamesen.3 In den Diskussionen zum Thema Einwanderungs- und Integrationspolitik findet diese Gruppe trotz ihrer Größe wenig Beachtung und führt ein von der öffentlichen Meinung und Presse eher unbeachtetes Leben. Die beiden größten Gruppen vietnamesischer Migranten bilden einerseits die Boots- oder Kontingentflüchtlinge (auch „Boat People“ genannt), die zwischen 1975 und 1986 in die BRD kamen und andererseits die Vertragsarbeiter, die seit den 80er Jahren in der DDR beschäftigt waren.4 Unterschiedliche Lebensbedingungen führten im Laufe der Geschichte zu einem unterschiedlichen Integrationsgrads der beiden Gruppen. Ziel dieser Arbeit ist es, den Integrationsprozess der Boat People und der Vertragsarbeiter näher zu untersuchen. In diesem Zusammenhang soll auch untersucht werden, warum noch immer zwei „getrennte Welten“ zwischen den „West- und Ostvietnamesen“ existieren. Darüber hinaus erhebt sich die Fragestellung, ob und inwieweit eine Akkulturation oder Assimilation bei den vietnamesischen Kindern und Jugendlichen vorliegt. Der Frage, ob ein Generationenkonflikt zwischen erster und zweiter Generation besteht, wird ebenfalls nachgegangen.
Die Geschichte der Einwanderung der Vietnamesen in Deutschland
Es gibt verschiedene vietnamesische Gruppen, die auf unterschiedliche Art und Weise nach Deutschland zugewandert sind. Es ist vor allem anzumerkend, dass die langjährige Trennung zwischen Ost-und Westvietnamesen noch immer existiert. In Westdeutschland bzw. Westberlin lebten zumeist die Boat People und ehemaligen Studenten aus dem damaligen Westdeutschland oder Westberlin, die aus Südvietnam stammten. Diese Gruppe wird in dieser Arbeit als „Westvietnamesen“ bezeichnet, um die Begrifflichkeiten zu erleichtern. Dagegen konzentrierten sich die aus Nordvietnam stammenden Vertragsarbeiter und die ehemaligen Studenten in der DDR in Ostdeutschland bzw. Ostberlin. Zur Vereinfachung wird diese Gruppe als „Ostvietnamesen“ genannt.
Die Geschichte der Zuwanderung der West- und Ostvietnamesen knüpft eng an die Geschichte von West – und Ostdeutschland an. Während die Boat People trotz Lebensgefahr das Vaterland illegal verlassen mussten, durften die Vertragsarbeiter dank der Zusammenarbeit zwischen Vietnam und der DDR offiziell in die DDR einreisen. Obwohl sich die Art und Weise ihrer Einreise nach Deutschland sehr unterschied, hatten sie das gemeinsame Ziel, ein besseres Leben im Ausland zu führen. Die beiden Gruppen wurden von der west- und ostdeutschen Gesellschaft aufgenommen und hatten deshalb unterschiedliche Erfahrungen und Lebensbedingungen. Was diese Menschen in Deutschland erlebt haben und wie sie sich in der deutschen Gesellschaft integriert haben, wird nun im folgenden Kapitel dargestellt.
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