6 Monate sind seit der Dreifachkatastrophe vom 11. März 2011 vergangen. Seither hat in Japans Bevölkerung ein Meinungsumschwung stattgefunden.
Bis heute sind gemäss verschiedenen Umfragen rund 75 Prozent der Japaner gegen den Bau neuer Atomkraftwerke (Asienspiegel berichtete). Infolge des AKW-Unfalls in Fukushima und regelmässiger Unterhaltsarbeiten sind inzwischen nur noch 11 von 54 Reaktoren in Betrieb.
Sollten der laufende Stresstest Sicherheitsprobleme ans Licht bringen und die Lokalregierungen ihre Erlaubnis zum Wiederhochfahren der Reaktoren verweigern, könnte in Japan bereits im Frühling 2012 Japan kein einziges Atomkraftwerk mehr in Betrieb sein.
Der neue Premierminister Yoshihiko Noda will es aber nicht so weit kommen lassen. «Der Strom ist die Lebensader der Wirtschaft, er ist die Grundlage für die Lebensweise unseres Landes», erklärte er bei seinem Amtsantritt vor den Medien. Sollte der Stresstest erfolgreich verlaufen, werde er die Wiederinbetriebnahme der Reaktoren anordnen. Der Atomausstieg sei ein langfristiges Projekt, hiess es weiter. Letzten Endes kann die Zentralregierung in Tokio im Alleingang die Atomkraftwerke wieder hochfahren lassen.
Gespräche mit Vietnam
Der Widerstand im Inland und die angebrachten Sicherheitszweifel hindern Japan aber nicht daran, die Atomtechnologie der einheimischen Hersteller Hitachi, Toshiba und Mitsubishi zu exportieren. Noch diese Woche wird in Tokio eine Delegation aus Vietnam empfangen, um über den Verkauf von Atomkraftwerken nach Vietnam zu verhandeln. Bereits im Oktober 2010 beschlossen die beiden Regierungen eine Zusammenarbeit beim Aufbau von Kernkraftwerken im aufstrebenden südostasiatischen Land.
Die Gespräche kamen nach der Katastrophe jedoch zu einem Halt. Doch bereits am 5. August entschied der damalige Premier Naoto Kan, der noch aktiv den langfristigen Ausstieg Japans aus der Atomkraft propagierte, die Weiterführung des Exports der Nukleartechnologie.
Die grossen Pläne in Hanoi
Vietnam will bis 2030 rund 8 Atomkraftwerke bauen, trotz grosser Sicherheitsbedenken. Das Land zählt bis heute kaum Nuklearexperten. Ausserdem gibt es auch im Küstenland Vietnam eine Tsunami- und Erdbebengefahr, wie eine Studie der vietnamesischen Regierung ergab. Japan hofft an eine atomare Beteiligung in Vietnam. Die Technologie, Ausbildung und Finanzierung dieses Projekt soll mit Hilfe der Japan Bank of International Cooperation zustande kommen.
Man habe absolutes Vertrauen in die japanische Atomtechnologie, betont Vietnams Botschafter Nguyen Phu Binh gegenüber der Mainichi Shimbun. «Die nukleare Krise ist durch einen unvorhergesehenen Tsunami entstanden.» Japan werde aus dieser Krise jedoch die richtigen Schlüsse ziehen. Auch mit der Türkei gibt es ähnliche Pläne. Noch ist aber nichts entschieden. Das Unterhaus hat die Abmachung mit Vietnam noch nicht gutgeheissen. Ein Entscheid ist auf den Herbst verschoben worden.
Hinterlasse eine Antwort